Ozean-Eis-Wechselwirkung an Grönland's peripheren Gletschern

Periphere Gletscher sind Eismassen, die vollständig frei stehen und nicht mit dem Grönländischen Eisschild dynamisch gekoppelt sind. Sie stellen nur einen kleinen Teil der Oberfläche und des Eisvolumens Grönlands dar, sind aber überproportional stark an der Massenänderung Grönlands beteiligt. Periphere Gletscher machen damit einen besonders sensitiven Teil der Frischwasserbilanz Grönlands aus – unabhängig vom Verhalten des Eisschilds und seiner Auslassgletscher. Während es relativ robuste Abschätzungen der Massenbilanz an der Oberfläche der peripheren Gletscher gibt, fehlten bislang Abschätzungen für die Rolle der Ozean-Eis-Wechselwirkung für die Massenänderung grönländischer peripherer Gletscher. Diese Wissenslücke soll nun im Teilprojekt 5 geschlossen werden. Die gesonderte Betrachtung der peripheren Gletscher gegenüber dem Eisschild ist z.B. auch für die Modellierung relevant, da durch die Skalenunterschiede der Anteil von peripheren Gletschern an der Frischwasserbilanz Grönlands bislang häufig nicht mit einbezogen wurde.

Kontakte: Dr.-Ing Muhammad ShafequeeDr. Marco Möller & Prof. Dr. Ben Marzeion

Welches Hauptziel wurde in der ersten Projektphase verfolgt?

In der ersten Projektphase wollten wir unser Verständnis für Prozesse vertiefen, die maßgeblich das Verhalten der peripheren Gletscher steuern. Dazu haben wir eine Parametrisierung der Eis-Ozean-Wechselwirkungen speziell für grönländische periphere Gletscher entwickelt und in ein existierendes Gletschermodell implementiert. So konnten wir zudem erstmals zu einer modellbasierten, vollständigen (d. h. auch das Kalben der Gletscher wird berücksichtigt) Abschätzung der Massenänderung der peripheren Gletscher Grönlands kommen.

Welche Methoden wendet ihr zur Beantwortung eurer Fragestellung an? 

Wir verwenden für unsere Modellierungen der peripheren Gletscher das Open Global Glacier Model (OGGM). Das Model ist open-source und ermöglicht Berechnungen von Massenbilanzen und daraus resultierender Geometrieänderungen einzelner Gletscher. Zur Bestimmung des Eisausflusses der kalbenden peripheren Gletscher verwenden wir zusätzlich Fernerkundungsmethoden, womit wir die Gletscherfließgeschwindigkeiten an den Kalbungsfronten extrahieren können.

Was waren die Hauptergebnisse?

  • Im Rahmen des Projektes wurde das Open Global Glacier Model (OGGM) weiterentwickelt, um an Zungenenden von kalbenden Gletschern erstmals modellbasiert realistische Eismächtigkeiten ableiten zu können. Desweiteren wurde eine dazu passende Methodik zur Modellierung des Massenverlustes durch Gletscherrückzüge identifiziert und getestet, um in OGGM implementiert werden zu können.
  • Die Eismächtigkeitsabschätzung wurde speziell für die kalbenden, peripheren Gletscher Grönlands kalibriert. Damit wurde erstmals eine Berechnung des rezenten Gesamteisausflusses dieser Gletscher ermöglicht. Eine konservative Schätzung unter Einbeziehung von fernerkundungsbasierten Fließgeschwindigkeitsdaten beläuft sich auf 5.4 ± 1.6 Gt pro Jahr.
  • Für unsere Abschätzungen wurden erstmals auch der Eisausfluss der Schelfeisflächen der Flade Isblink Eiskappe und dessen angrenzende, Eis-einspeisende landbasierte Eisfläche separat quantifiziert.
  • Im Zeitraum 1995 bis 2015 verzeichnen wir für die peripheren Gletscher Grönlands insgesamt einen mittleren Massenverlust von 34.7 ± 24.8 Gt pro Jahr.

Welche Fragestellung wird nun in GROCE-2 bearbeitet?

In der zweiten Projektphase werden wir die Sensitivität der Gletscherprojektionen auf unterschiedlich aufgelöste Antriebsdaten bestimmen. Wir werden OGGM mit globalen und per dynamischem Downscaling erstellten, regionalen Datensätzen antreiben sowie Transferfunktionen zwischen globaler und regionaler Skala entwickeln. Wir werden die Frage beantworten, ob zuverlässige Projektionen für die peripheren Gletscher zwingend auf ein komplexes Modelsetup inkl. dynamischen Downscaling angewiesen sind, oder ob vergleichbare Resultate auch mit einem regionalspezifischen Ansatz zur Skalenüberbrückung gewonnen werden können. Schließlich werden wir CMIP6-basierte Projektionen der peripheren Gletscher erstellen.