Prozess-basierte Quantifizierung von subglazialen Schmelzraten

Im Bereich der Eis-Ozean-Interaktion spielt die Vorhersage subglazialer Schmelzraten von Eisschelfen eine bedeutende Rolle. Die Eiszunge des 79°N-Gletschers (79NG) ist in den letzten zwei Dekaden erheblich dünner geworden. Als Hauptgrund für diese Dickenveränderung kommt vor allem eine Veränderung der basalen Schmelzrate in Betracht, wobei Veränderungen des Eisstromes und der Oberflächenschmelze eher vernachlässigbar sind. Die größte Herausforderung bei der Abschätzung der basalen Schmelzrate ist die Repräsentation der physikalischen Prozesse der Eis-Ozean-Interaktion, vor allem wegen der großen Unsicherheiten und beschränkten Messungen in Gletscherfjorden. In diesem Teilprojekt soll der Frage nachgegangen werden, welche hydrodynamischen Prozesse verantwortlich sind für basale Schmelzraten und Wärmeflüsse im Bereich der Gletscherzunge des 79°N-Gletschers. Hierzu werden idealisierte und realistische Modellsimulationen mit guter numerischer und Prozess-Auflösung der Meerwasser-Gletschereis-Grenzschicht konfiguriert, durchgeführt und analysiert. Dabei soll vor allem die thermohalin getriebene Zirkulation in der knapp 100 km langen, 20 km breiten und 800 m tiefen Kaverne unter dem Schelfeis des 79°N-Gletschers verstanden werden. 

Kontakt: Markus Reinert und Prof. Dr. Hans Burchard

Welches Hauptziel wurde in der ersten Projektphase verfolgt?

Das zentrale Ziel der ersten Phase unserer Studie war die Abschätzung der Größe und der räumlichen Verteilung der basalen Schmelzrate der Eiszunge des 79NG. Unsere Kenntnisse der Auswirkungen von basalen Kanälen auf die basale Schmelzrate sind jedoch sehr begrenzt. Bisherige Studien deuten drauf hin, dass die basalen Kanäle mit Breiten von Kilometern und Tiefen von Hunderten von Metern durch Wechselwirkungen von ozeanischem Schmelzen und Neigungen der Eisbasis bewirkt werden. Solche basalen Kanäle treten vor allem in Gebieten mit hohem basalen Schmelzen auf, und kommen in grönländischen Fjorden häufig vor.

Welche Methoden wendet ihr zur Beantwortung eurer Fragestellung an?

Wir haben eine modellbasierte Studie mit idealisierten numerischen Experimenten durchgeführt, die auf einer realistischen Topographie der Eisbasis und der räumlichen Verteilung von basalen Kanälen beruht. Dazu wurde ein synthetisches Netzwerk von basalen Kanälen erzeugt, um die basale Schmelzrate und deren räumliche Verteilung abzuschätzen (siehe Abbildung 1, links). Mit Hilfe eines zwei-dimensionalen numerischen Plume-Modells untersuchen wir die räumliche Verteilung des submarinen Schmelzens sowie die Auswirkungen der Topographie der Eisbasis.  
        

Was waren die Hauptergebnisse?

Die Ergebnisse zeigen, dass die Maximalwerte der basalen Schmelzrate nahe des Aufsetzlinie erreicht werden und dann in Richtung der Kalbungsfront stark abnehmen. Abbildung 1 (rechts) zeigt den Zusammenhang zwischen der räumlichen Inhomogenität und der Größe der basalen Schmelzrate. Die Ergebnisse legen nahe, dass die laterale Variabilität des Schmelzens mit den basalen Kanälen zusammenhängt. Auch wenn die Kanäle das Schmelzen stark erhöhen, sind die Schmelzraten innerhalb und außerhalb der Kanäle vergleichbar (Abbildung 2).
       

Welche Fragestellung wird nun in GROCE-2 bearbeitet?

In der zweiten Phase von GROCE soll die Schmelzrate mit Hilfe eines drei-dimensionalen Modells abgeschätzt werden, um die Einflüsse vertikaler Prozesse innerhalb des Schmelzwasser-Plumes berücksichtigen zu können.