Geodätische Messungen

Wechselwirkungen im komplexen System Eisschild – Ozean werden zusätzlich durch Deformationen der festen Erde moduliert. Diese Deformationen verknüpfen eine große Bandbreite zeitlicher und räumlicher Skalen. Glazial-isostatische Ausgleichsprozesse (GIA) der festen Erde sind ein langfristiger Effekt in Reaktion auf eine Belastung bzw. Entlastung der Erdkruste durch zu- bzw. abnehmende Eismassenauflast. Die gesamte Eisauflastgeschichte seit dem letzten glazialen Maximum (LGM) hat Auswirkung auf das heutige Deformationsmuster und auf die Entwicklung des regionalen Meeresspiegels. Die Terminierung sowohl des LGM als auch holozäner Rückzugs- und Vorstoßereignisse ist derzeit ungenügend erforscht und verstanden (Huybrechts, 2002; Simpson u.a., 2009, 2011). Der GIA-Effekt muss berücksichtigt werden, wenn aus Satellitengravimetrie Massenänderungen des Inlandeises oder des Ozeans abgeleitet werden sollen. Beträgt die GIA-Unsicherheit bei satellitengravimetrischen Messungen des gesamten Eisschilds bis zu 10% der Gesamtmassenbilanz (Velicogna und Wahr, 2013), so dürften die relativen Unsicherheiten für regionale Untersuchungen wie für Nordost-Grönland weitaus größer sein. Mit bodengebundenen, geodätischen Messungen der vertikalen Deformation soll in GROCE der summarische Effekt von GIA und der elastischen Deformation aufgrund der rezenten Eismassenbilanz erfasst werden. Süßwassereintrag kann durch Oberflächenschmelzen als run-off entstehen, durch basales Schmelzen unter der Zunge, durch subglaziales Wasser das an der Aufsetzlinie in den Ozean drainiert und durch Schmelzen von Eisbergen. Der beschleunigte Massenverlust in den letzten Dekaden könnte durch den Einstrom von wärmerem Wasser in die Fjorde und unter die Eiszunge der Gletscher verursacht werden. Wie hoch die basalen Schmelzraten jedoch aktuell sind und wie stark sie sich verändern ist unsicher. Außerdem besteht Unklarheit, wie viel Schmelzwasser aus den Fjorden in den Randstrom um Grönland gelangt und welche Prozesse dies steuern. Ebenfalls unklar ist der Anteil der Schmelzwassers, der aus dem Randstrom ins Innere des Europäischen Nordmeers und des subpolaren Nordatlantiks exportiert wird.