Atmosphärische Prozesse und deren Repräsentation in globalen Klimamodellen

Es gibt viele verschiedene und komplexe Wechselwirkungen innerhalb des Erdsystems, die das Verhalten der großen Auslassgletscher Grönlands steuern. Eine solche Wechsel- wirkung besteht zwischen der Atmosphäre und der Oberfläche des Eises. Die atmosphärische Kontrolle der Oberflächenschmelzraten ist für die Eisdynamik von großer Bedeutung: Supraglaziales Schmelzwasser dringt über Wasserkanäle in das Innere des Gletschers ein und trägt zu mechanischen und thermodynamischen Prozessen bei, die die Stabilität des gesamten Gletschers beeinflussen. Der Fokus im Teilprojekt 8 liegt auf der Atmosphäre und der Oberflächenmassenbilanz der 79N-Region. Der Verlust der Oberflächenmasse und das Abfließen von Schmelzwasser tragen über die letzten Jahrzehnte maßgeblich zum Eisverlust in Grönland bei. Die Oberflächenmassenbilanz ist eng mit dem Wetter und dem Klima einer Region verbunden, jedoch war zu Beginn unserer Studien relativ wenig über die wichtigsten atmosphärischen Bedingungen des 79°N-Gletschers bekannt.

Kontakte: Dr. Carolyne PicklerDr. Jenny Turton & Prof. Dr. Thomas Mölg

Welches Hauptziel wurde in der ersten Projektphase verfolgt?

Die Hauptziele in GROCE- 1 lassen sich wie folgt zusammenfassen: (1) die Untersuchung der wichtigsten meso-skaligen Prozesse, die das Klima der Region beeinflussen, und (2) die Schätzung des Oberflächenmassenbilanz der jüngsten Vergangenheit. Daten von automatischen Wetterstationen, dem ERA-Interim-Reanalyseprodukt, dem atmosphärischen Modell für Wetterforschung und -prognose (WRF) und dem COSIPY-Oberflächenmassenbilanzmodell wurden verwendet, um diese Ziele zu erreichen (weitere Informationen zu den Methoden finden Sie hier). 

Was waren die Hauptergebnisse? 

  1. Mithilfe von Beobachtungsdaten und Reanalyseprodukten konnten wir feststellen, dass katabatische Winde und Warmluft-Advektionsereignisse einen großen Einfluss auf die atmosphärische Variabilität im Winter haben. So steigen Lufttemperaturen beim 79°N-Gletscher regelmäßig um 10° C (und mehr!) an – und das in weniger als 24 Stunden (Abbildung 1). Wir haben auch die jährliche Lufttemperatur analysiert und seit 1979 eine Erwärmung um 3° C festgestellt. Diese Erwärmungsrate stimmt mit der globalen Erwärmungsrate überein und übersteigt diese sogar. Unsere Ergebnisse wurden hier veröffentlicht: doi.org/10.1175/MWR-D-18-0366.1.
  2. Wir haben das polar-modifizierte, atmosphärische Modell Weather Research and Forecasting (WRF) mithilfe von Wetterstationen optimiert und anschließend die meteorologische Bedingungen für fünf Jahre, von 2014 bis 2018, simuliert (Abbildung 2). Die täglichen Durchschnittswerte der wichtigsten meteorologischen Variablen werden online in einem Open-Access-Repository archiviert. Bei Interesse können Sie unter folgendem Link  darauf zugreifen: doi.org/10.17605/OSF.IO/53E6Z. Ein Abgleich der Modellergebnisse mit Beobachtungsdaten und eine Beschreibung der zur Verfügung gestellten Daten wurden hier veröffentlicht: doi.org/10.5194/essd-12-1191-2020.
    Die Modellergebnisse werden derzeit in der zweiten Phase von GROCE verwendet, um den Zusammenhang zwischen atmosphärischen Prozessen und der Verteilung supraglazialer Seen (Schmelzseen auf der Oberfläche des Gletschers) zu untersuchen.
  3. Wir haben die Modellergebnisse des atmosphärischen Modells mit einer horizontalen Auflösung von 1km als Input für ein Oberflächenmassenbilanzmodell verwendet. Unter Verwendung des Massenbilanzmodells „COSIPY“ haben wir nun stündliche Schätzungen der Oberflächenmassenbilanz über 5 Jahre bei einer Auflösung von 1 km für die 79°N- und die NEGIS-Region vorliegen. Die Ergebnisse werden derzeit im Journal of Glaciology begutachtet. 

Welche Fragestellung wird nun in GROCE-2 bearbeitet?

Unser erstes Ziel für GROCE-2 ist es, die atmosphärischen Treiber der Entwicklung und Entwässerung von supraglazialen Seen (Schmelzwasserseen auf der Oberfläche des Gletschers) zu untersuchen, um dadurch einen Einblick in die Menge an Süßwasser zu erhalten, die in das Gletschersystem eintritt und dieses verlässt. Wir werden unsere enge Zusammenarbeit mit Teilprojekt 7 fortsetzten um dieses Ziel zu erfüllen. 

Unser zweites Hauptziel ist die Untersuchung einer kritischen Auflösung für globale Klimamodelle zur genauen Darstellung der wichtigsten atmosphärischen Prozesse (d.h. der lokalen Energiebilanz, der wichtigsten meteorologischen Variablen und der mesoskaligen Prozesse) in der Region. Anhand (i) unseres atmosphärischen Modells mit seinen drei horizontalen Auflösungen (1 km, 5 km, 25 km), (ii) Reanalysedaten mit einer Reihe horizontaler Auflösungen und (iii) globaler Zirkulationsmodellen mit einer Auflösung von ungefähr 100 km werden wir beurteilen, welche atmosphärischen Prozesse auf diesen Skalen gut dargestellt werden und welche Prozesse hochauflösende Modelle erfordern, um möglichst genau simuliert zu werden.